Die westlichen Partnerländer blicken gespannt in die Vereinigten Staaten, denn in wenigen Stunden wird hier über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen entschieden. Insbesondere die potenzielle Wahl von Donald Trump beschert den westlichen Partnern Sorgenfalten, denn der Republikaner fokussiert einen unilateralen („America First“) Weg. Den Gedanken der Spaltung hat er durch seine Vulgarität auch innerhalb seiner Wählerschaft implementiert, meint Experte Frank Esken im Gespräch mit unserer Redaktion.
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Die USA könnten schon bald einen neuen politischen Kurs einschlagen, sollte der Republikaner die US-Wahl gewinnen. Vielseitig wird vor seinem Egoismus und dem angedrohten Abbruch der multilateralen Beziehungen gewarnt. Im Gespräch mit unserer Redaktion bestätigt Frank Esken, Professor für Psychologie an der University of Applied Sciences Europe in Iserlohn, dass der Republikaner seinen radikalen Kurs mithilfe seines aggressiven Wahlkampfes an den Mann beziehungsweise an die Frau gebracht hat.
„Der Einfluss des sogenannten „Trumpismus“ – verstanden als zunehmend rüdes und rücksichtsloses Verhalten im gesellschaftlichen und politischen Miteinander – prägt nicht nur die USA, sondern beeinflusst uns weltweit: Wir alle sehen an Politikern wie Donald Trump, dass er mit seinem anti-sozialen Verhalten durchkommt. Er wird für seine Anhänger zum Vorbild“, so Esken.
Trump: Spaltung der Gesellschaft verleiht ihm Aufwind
Durch seine taktische Wahlkampfführung würde Trump die Gesellschaft bewusst spalten und empfänglich für jene Schichten werden, die sich ebenfalls durch eine starre Ablehnung anderer identifizieren.
„Das durch seine Medienpräsenz vermittelte empirische Material lässt vermuten, dass bei Trump ein anti-soziales Persönlichkeitsprofil vorliegt. Ein solches Profil zeichnet sich durch manipulatives Verhalten, pathologisches Lügen, reduzierte kognitive Kontrolle emotionaler Impulse, herabgesetztes beziehungsweise nicht vorhandenes Schuldbewusstsein, Mangel an Mitgefühl, Abwertung anderer sowie überzogene Vorstellungen vom eigenen Selbst aus. (…) Trump trägt durch seine anti-sozialen Persönlichkeitsmerkmale entscheidend zur Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft und zur Etablierung einer sehr egoistischen Gesellschaftsstruktur bei.“
Frank Esken im Gespräch mit unserer Redaktion
Angesichts der zunehmenden Verrohung seien auch gewaltsame Szenarien im Anschluss an die US-Wahl, wie beispielsweise der Sturm auf das Capitol 2021, nicht ausgeschlossen. „Die Trump-Anhänger sind keine kleine Minderheit und stark motiviert durch das grenzüberschreitende Verhalten ihres Vorbildes“.
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Da der „anti-soziale Geist aus der Flasche“ sei, würde es für Harris selbst im Falle eines Sieges sehr schwer werden, die amerikanische Gesellschaft wieder zu einen. Doch mit dem Finger auf die Amerikaner zu zeigen, sei zu einfach – denn auch wir in Deutschland seien betroffen.
„Demokratiekrise“ betrifft auch Deutschland
„Wir durchleben eine Demokratiekrise. Gesellschaftlicher Zusammenhalt zählt gegenwärtig für viele nicht mehr viel, nicht wenige sehen nur noch sich selbst. In den USA können sich Politiker, die die Wahrheit offen mit Füßen treten und nur wenig Respekt vor den Haltungen und Einstellungen anderer haben, im öffentlichen Meinungsbild gleichwohl als wichtige Machtmenschen etablieren. Derartige Entwicklungen beobachten wir auch in Deutschland. Darüber hinaus wird Politikern häufig nicht mehr abgenommen, was sie sagen, sondern man hält sie für austauschbare Marionetten im politisch-strategischen Macht-Poker. Demokratie wird nicht mehr als gemeinschaftliches Verständigungsprojekt und als beste aller möglichen Staatsformen, sondern als Regierungsform des kleinsten gemeinsamen Nenners angesehen, die auf faulen Kompromissen beruht und deshalb nicht innovativ sein kann.“
Frank Esken
Deutschland befinde sich längst auf dem US-amerikanischen Weg. Symptomatisch seien die politischen Scharmützel zwischen Scholz, Habeck und Lindner – wie sie auch Trump ausfechtet. Die schlechte Nachricht: Einmal in der erodierenden Spirale angekommen, lässt sich der gesellschaftliche Schaden nicht schnell reparieren. Eine große Verantwortung obliegt hier den Machthabern.
„Politische Führung darf den gesellschaftlichen Individualismus nicht einfach abbilden, sondern muss den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, politische Langzeitziele entwickeln und diese in einer für alle verständlichen und möglichst nachvollziehbaren Weise kommunizieren“, sagt Esken.