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Atomwaffen für Deutschland? Pistorius: „Wir lernen das gerade sehr schmerzhaft“

Kein Ausgabenlimit mehr für die Bundeswehr: Sind nun Sachen möglich, die vorher undenkbar waren? Das sagt Pistorius in den ARD-„Tagesthemen“.

Atomwaffen für Deutschland? Das sagt Pistorius.
© IMAGO / Bihlmayerfotografie, IMAGO / Maximilian Koch (Fotomontage)

REDEN WIR DRÜBER: Wehrpflicht – Ja oder nein?

Verteidigungsminister Boris Pistorius stellt seinen neuen Plan zur Wiedereinführung der Wehrpflicht vor. Das denken die Deutschen darüber.

Ohne Ausgabenlimit und an der Schuldenbremse vorbei will Schwarz-Rot die Bundeswehr modernisieren. „Wir rüsten komplett auf!“, kündigt CSU-Chef Markus Söder am Dienstag an. Später am Faschingsdienstag stellt sich Verteidigungsminister Boris Pistorius in den ARD-„Tagesthemen“ den Fragen zum Blankoscheck für die Truppe.

Dabei geht es auch um die Frage möglicher deutscher Atomwaffen – seine Antwort lässt viel Raum für Interpretationen.

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Aufrüstung der Bundeswehr ohne Limit?

Für Pistorius ist klar, dass die Europäer bei der Verteidigung „endlich erwachsen werden“ müssten. Eine konkrete Summe, wie viel Deutschlands Armee braucht, um kriegstüchtig zu werden, lässt er sich in den „Tagesthemen“ aber nicht entlocken. „Ich werde auch jetzt nicht sagen, wie viele Hundert Milliarden das am Ende sein könnten oder werden“, so der SPD-Politiker. Er habe immer gesagt, dass die NATO-Fähigkeitsziele erfüllt werden müssten. Diese werde im Sommer definiert.

„Das können sehr schnell drei Prozent werden. Davon gehe ich aus, dass das so kommen wird. Aber das kann jetzt eben finanziert werden.“

Boris Pistorius in den ARD-„Tagesthemen“

Es sei jedenfalls ein „Riesenfortschritt“, dass diese Finanzierung nun möglich sei, ohne bei Infrastruktur- oder Sozialausgaben sparen zu müssen, findet Pistorius. „Weil Sicherheit wird bedeutender denn je sein in den nächsten Jahren.“

Der Wegfall des Ausgabenlimit schaffe „die Möglichkeit, dass wir schneller und langfristiger planen und beschaffen können. Die Rüstungsindustrie kriegt Planungssicherheit. Wir können die Planungszeiträume klar abstecken und müssen uns nicht von Jahr zu Jahr hangeln. Wir können große Rahmenverträge und langfristige Aufträge schreiben.“

Verteidigungsminister Pistorius im ARD-Interview

Pistorius in den „Tagesthemen“ (ARD) zu Atomwaffen: „Gewissheiten können sich schnell in Luft auflösen“

Dann will ARD-Moderatorin Jenny Wellmer wissen, ob angesichts der weltpolitischen Lage auch Atomwaffen für Deutschland ein Thema werden. „Oder überlassen wir das weiterhin zum Beispiel den Franzosen?“, fragt sie.

Pistorius weicht aus: „Ich rate hier zur Gelassenheit.“ Die Angebote aus Paris, den atomaren Schutzschirm auszuweiten, seien „sehr ernst zu nehmen“. Aber dann verweist er auf die Schutzmacht USA. „Vorerst“ gelte, dass man mit der Beschaffung der F35-Kampfjets am atomaren Schirm der NATO unter der Obhut der USA teilhaben will.

„Und alles andere wird sich in den nächsten Monaten und Jahren ergeben. Wir lernen gerade sehr schmerzhaft, dass die Gewissheiten der vergangenen sieben Jahrzehnte und mehr sich eben sehr schnell in Luft auflösen können.“

Pistorius zur Atomwaffen-Frage

Erstaunlicherweise verweist Pistorius gar nicht auf den internationalen Atomwaffensperrvertrag. Deutschland hat den Vertrag 1974 ratifiziert und verzichtet damit auf den Erwerb von Nuklearwaffen.

Kein Wehrdienst-„Schnellschuss“: Es fehlen Kasernen

Eine klare Absage verpasst Pistorius zuletzt im ARD-Gespräch noch den Gedankenspielen aus der CSU, die Wehrpflicht noch im Blitzverfahren 2025 wieder einzuführen. Dafür seien gar nicht ausreichend Kasernen da. Ein „Schnellschuss“ beim Wehrdienst sei nicht hilfreich, so seine Mahnung an den möglichen künftigen Koalitionspartner.


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Zu den möglichen Riesensummen in der Verteidigung gab auch Sicherheitsexperte Carlo Masala am Dienstag dem Ersten ein Interview. Der Professor von der Bundeswehr-Uni München warnt davor, dass nun „Wunschlisten“ aus den Teilstreitkräften aufgemacht werden „und jeder das bekommt, was er schon immer haben wollte“. Es dürfe nur das angeschafft werden, was wirklich notwendig ist. Daher plädiert er für ein „klar definiertes Kriegsbild“, an dem man sich orientieren kann. Es müsste eindeutig sein, was man zur Abwehr braucht.