Entspannt an der Playa de Palma auf Mallorca spazieren gehen, dem Rauschen des Meeres zuhören, während einem die Sonne ins Gesicht scheint und der Wind durchs Haar weht. Genau das ist aber in der Urlaubssaison gar nicht so einfach, denn ständig bleiben illegale Straßenverkäufer vor einem stehen und wollen ihre Fake-Ware anbieten.
Zu den absoluten Verkaufsschlagern gehören Brillen und Trikots. Viele Deutsche haben sich damit in ihrem Urlaub auf Mallorca inzwischen schon abgefunden, doch seit letztem Jahr werden sogar „Führer“-Trikots verkauft. Ich wollte wissen, wie oft mir oder anderen Personen das nationalsozialistische Shirt angeboten wird und habe den Selbsttest gemacht.
Mallorca: Das Geschäft mit dem „Führer“-Trikot
Im Vorjahr tauchte das „Führer“-Trikot mit der Rückennummer 44, dessen Schriftart an die SS-Runen aus dem Nationalsozialismus erinnern, zum ersten Mal auf. Damals boten es nur wenige der senegalesischen Straßenverkäufer auf der Schinkenstraße vor dem Bierkönig an (hier mehr dazu). Doch in diesem Jahr sehe ich zu meinem Entsetzen viele Straßenverkäufer, wie sie das „Führer“-Trikot entweder ausliegen haben oder auf ihrem Arm mit sich tragen. Einmal sehe ich sogar eins mit dem Namen der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Als ich am Ostersonntag an der Playa entlangspaziere, wird es mir oder anderen Urlaubern innerhalb von einer Stunde ebenfalls rund sieben Mal angeboten. Am Balenario 6 beobachte ich, wie eine Frau mit ihrem Mann gerade einen Drink zu sich nimmt, als sie in ein Verhandlungsgespräch verwickelt wird. Es geht offensichtlich um das brisante Trikot, sie unterhalten sich angeregt, er zeigt ihr immer wieder etwas auf seinem Handy, doch sie macht nur eine ablehnende Geste.
Der Straßenverkäufer bleibt hartnäckig und versucht es noch zwei bis drei mal, aber ohne Erfolg. Als ich die Frau drauf anspreche, stellt sich heraus, dass sie eine Lehrerin aus NRW ist. Sie möchte lieber anonym bleiben, doch sie erklärt mir: „Ich war tatsächlich interessiert ein solches Trikot zu kaufen, aber zur Aufklärung um es im Geschichtsunterricht zu verwenden. Eine Kollegin lehrt Geschichte und ich würde die Kinder gerne mal dazu diskutieren lassen.“ Ihr Ansatz: aktuelle Situationen mit Geschichte verbinden. „Man muss den Kindern Geschichte nah bringen, das ist sonst zu abstrakt für sie.“ Am Ende war ihr der Preis von 19 Euro aber zu teuer.
Nachfrage und Angebot
Auch Susanne und Andreas wird das „Führer“-Trikot angeboten, doch sie distanzieren sich klar. „Mit sowas wollen wir nichts zu tun haben“, wird das Paar gegenüber unserer Redaktion deutlich. Doch die Nachfrage scheint vorhanden zu sein, wie mir ein Straßenverkäufer verrät. „Das Trikot kaufen viele Leute, vor allem viele Deutsche. Sie finden es witzig. Es ist nicht gut, aber ich verdiene damit Geld. Meistens zahlen sie sogar mehr als für die anderen Trikots. Aber wenn die Polizei kommt, muss ich es sofort verstecken, denn sie werden sauer, wenn sie es sehen.“
Apropos Polizei: Seit dem 17. April herrschen schärfere Überwachungsmaßnahmen am Ballermann, die für mehr Sicherheit sorgen und die kriminellen Machenschaften an der Playa eingrenzen sollen (hier alle Einzelheiten). Und tatsächlich sind die Straßenverkäufer ständig auf der Hut und würden womöglich noch mehr ihrer Waren anbieten, wenn die Polizeipräsenz sie nicht so abschrecke.
Tagelang habe ich Ausschau gehalten, ob wirklich jemand das Trikot kauft oder sogar auf Mallorca trägt. Lediglich ein junger Mann fällt mir auf, der zwar nicht den „Führer“-Schriftzug hat, aber dafür die „44“. Als ich ihn drauf anspreche, weicht er zunächst zurück, doch dann sagt er plötzlich: „Ich stehe dazu und ich bin stolz drauf ein Nazi zu sein!“ Er hält Parolen über die aus seiner Sicht schiefgelaufene Migrationspolitik in Deutschland und bricht das Gespräch auf einmal abrupt ab. Zurück bleibt eine verdutzte Reporterin. Doch solche Vorfälle scheinen auf Mallorca zum Glück eher die Ausnahme als die Regel darzustellen.