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Corona-Intensiv in Braunschweig: Im täglichen Kampf gegen das Virus – „Es wird gestorben“

Corona-Intensiv in Braunschweig: Im täglichen Kampf gegen das Virus – „Es wird gestorben“

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Auch im Klinikum Braunschweig ist seit der Corona-Pandemie kaum noch etwas so, wie es einmal war... Foto: Ole Spata/dpa

Braunschweig. 

Zur Bewertung der Corona-Pandemie stehen auch die Intensivstationen im Fokus. Wie ist die aktuelle Lage in den Kliniken des Landes?

Zwei Mediziner aus Braunschweig geben jetzt Einblicke in ihren extrem belastenden Alltag, der schon so lange vom Coronavirus geprägt ist…

Ärztin aus Braunschweig: „Mit der Intensivstation beginnt der Kampf ums Leben“

Als die Tür auf den Flur aufgeht, wird schnell klar, wie ernst die Situation ist. Für die Corona-Patienten, die hier liegen, geht es um alles. Oberärztin Carina Claus vom Klinikum Braunschweig versucht gar nicht erst, das zu beschönigen. „Mit der Intensivstation beginnt der Kampf ums Leben“, sagt die 47-Jährige.

Seit mehr als einem Jahr gehört der Kampf gegen das Coronavirus zum Alltag der Oberärztin auf der Chirurgischen Intensivstation. Zusammen mit Peter Werning, dem Chefarzt für Anästhesiologie, will sie ihren ermüdenden Kampf gegen Corona zeigen. Beim Gang durch die Intensivstation sind durch Fensterscheiben die Menschen zu sehen, die mit schweren Krankheitsverläufen kämpfen. Um diesen Job gerissen, habe sich zu Beginn der Krise wirklich keiner.

Braunschweiger Chefarzt: „Die Pandemie ist eine intensive Belastung“

Im Covid-Bereich des Klinikums liegen zu diesem Zeitpunkt 36 Patienten. Davon zwölf auf der Intensivstation, von denen sieben beatmet werden müssen. Aufgrund der aktuellen Lage und der steigenden Anzahl nachgewiesener Virus-Mutationen verlängerte das Krankenhaus das Besuchsverbot bis Ende Mai. Nur wer einen Termin hat, wird auf das Virus getestet und kommt mit negativem Ergebnis rein.

„Die Pandemie ist eine intensive Belastung“, sagt Claus. Sie zeigt auf einen sogenannten K1-Patienten, der selbst gar nicht infiziert ist, aber Kontakt zu einer betroffenen Person hatte. Um den Mann im nächsten Zimmer kümmern sich gerade drei Pfleger gleichzeitig. „Der Aufwand ist groß und die Arbeit extrem anstrengend“, berichtet die Medizinerin. Neben Oberärzten und Assistenzärzten arbeiten etwa 60 Pfleger im Schichtsystem auf der Station.

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Insgesamt werden die Intensivstationen in Niedersachsen derzeit wieder voller. Die Lage in den Krankenhäusern sei ernst, aber beherrschbar, teilte das zuständige Ministerium in Hannover dazu in dieser Woche mit. Das Gesundheitsressort ist aktuell aber überzeugt, dass die Kapazitäten ausreichen, um die Versorgung im Land weiterhin sicherzustellen. Er rechnete nicht damit, dass es zu einer Überlastung der Kapazitäten komme, sagte der Leiter des Corona-Krisenstabes, Heiger Scholz. „Was nicht heißt, dass die Situation nicht ernst ist“, betonte er.

Braunschweiger Intensiv-Team im „ständigen Katastrophen-Modus“

Das Team auf der Braunschweiger Intensivstation wirkt unaufgeregt und arbeitet mit einer professionellen Ruhe. Die Anstrengung unter der Schutzkleidung ist ihnen aber auch anzusehen. „Völlig überfordert sind wir derzeit aber nicht“, sagt Oberärztin Claus. Es gebe auch in dieser Krise eine gewisse Gewöhnung. Ein Patient soll gleich gedreht werden, um besser atmen zu können. Keine leichte Aufgabe, die laut Claus aber zur Routine gehört. „Trotzdem ist der ständige Katastrophen-Modus natürlich anstrengend.“

Die Lage auf den Intensivstationen in Deutschland wird während der Corona-Krise beobachtet, um Engpässe in der Versorgung im regionalen und zeitlichen Vergleich zu erkennen. Das Robert Koch-Institut (RKI) betreibt dafür gemeinsam mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) das Divi-Intensivregister. Aus dem Tagesreport des RKI mit Daten dieses Registers ging am Dienstag hervor, dass bundesweit fast 5.000 Schwerkranke mit Covid-19 auf den deutschen Intensivstationen liegen. Zuletzt war die Auslastung Mitte Januar in der zweiten Welle so hoch.

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In niedersächsischen Kliniken werden nach den jüngsten Zahlen vom Dienstag 1.109 Corona-Patienten behandelt, 325 davon auf der Intensivstation, 213 Erwachsene und ein Kind müssen künstlich beatmet werden. Dass eine genaue Situationsbeschreibung alles andere als leicht ist, erfuhr zuletzt auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Er wurde in der vergangenen Woche von Medizinern kritisiert, weil er die Lage in den Kliniken als „entspannt“ bezeichnet hatte.

„Es wird gestorben“, sagt der Braunschweiger Chefarzt Werning ganz nüchtern zur aktuellen Lage. Bundesweit mehr als 80.000 Tote seien einfach eine Menge. Um diese Zahl besser zu fassen, nennt Werning die etwas mehr als 3.000 Verkehrstoten in Deutschland aus dem Jahr 2019, also noch vor der Corona-Zeit. „Wir kommen zurecht“, sagt er angesprochen auf die Belastung. Was ihn aber stört, sind die vielen extremen Positionen in der öffentlichen Diskussion. „Würden wir das Problem sachlicher bearbeiten, wären wir besser dran.“ Politischer Aktionismus helfe auf keinen Fall.

Corona in Braunschweig: Dritte Welle hat viele Faktoren

Was den 62-jährigen Chefarzt noch stört, ist wenn so getan wird, als gäbe es schon eine Lösung. „Keiner ist sich sicher, wie es geht“, sagt er. Es gebe in dieser dritten Welle zu viele Faktoren, wie beispielsweise die Ende 2020 in Großbritannien entdeckte Mutante B.1.1.7. Diese Variante ist auch in Deutschland mittlerweile die dominierende. Das gelte im Wesentlichen auch für das Klinikum in Braunschweig. Für Werning ist klar: „Wir werden noch ganz viel lernen.“

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Erst vor wenigen Tagen beschrieb die Braunschweiger Klinik, dass die aktuelle dritte Welle eine völlig andere Auswirkung auf die stationäre Covid-19-Versorgung habe, als die beiden ersten Wellen. Wegen des nicht verfügbaren Impfstoffes und der Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen sei das Durchschnittsalter der Patienten damals sehr hoch gewesen. Vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankung hatten daher keine gute Prognose. Jetzt sind die Patienten dem Bericht zufolge deutlich jünger und jeder zweite muss intensivmedizinisch versorgt werden. Die Sterblichkeit dort sei mit rund 50 Prozent sehr hoch.

Das wünschen sich die Braunschweiger Mediziner

Trotzdem wünschen sich die beiden Braunschweiger Mediziner für den Umgang mit der Pandemie vor allem Ruhe und Besonnenheit. Vieles in der Debatte beispielsweise um den Impfstoff von Astrazeneca empfinden sie als „unsäglich“. Dass es überhaupt schon Vakzine gibt, bewerten sie als „Riesenerfolg“ und „klasse Perspektive“.

Durch die eigenen Impfungen fühlen sie sich sicherer in ihrer Arbeit. Beide haben auch Familien und berichten, dass sie Kontakte weiter vermeiden. Auch wenn dadurch ein großes Osterfest auffallen musste. „Noch werden wir zwar von der Pandemie dominiert“, sagt Chefarzt Werning. „Wir hoffen aber auf den Impfeffekt und dass es bald besser wird.“ (dpa)