Es begann mit einem Jeansladen in Braunschweig und endete mit Europas profitabelstem Modekonzern: „New Yorker“ ist ein Underdog, aber höchst erfolgreich. Mit einer Vorsteuer-Marge von zuletzt rund 18 Prozent – bei einem Konzernumsatz von mehr als 2,7 Milliarden Euro – lässt das Unternehmen sogar große Namen wie Zara, H&M oder Primark regelmäßig alt aussehen. Verantwortlich für den Erfolg von „New Yorker“ war Gründer, Inhaber und Vorstandsvorsitzender Friedrich Knapp.
Nun ist Knapp am Donnerstag (14. November) im Alter von 73 Jahren auf Sylt verstorben. Braunschweig trauert um eines seiner bekanntesten Gesichter.
Braunschweig: Friedrich Knapp war medienscheu
Schon früh erkannte der Unternehmer: Wenn er nicht an modische Ware kommt, muss er sie einfach selbst herstellen lassen. Anstatt auf Modeschauen nach Trends zu suchen, flog er im Privatjet mit seinen Einkäufern um die Welt. Dort sollten sie einkaufen, was sie selbst gerne tragen würden. Gefiel es Knapp, ließ er die Ware in Hinterasien günstig nachproduzieren. Mit dieser Strategie baute Knapp einen Weltkonzern mit mehr als 1200 Filialen in inzwischen 49 Ländern auf.
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„Ich will die Leute nicht schlauer machen, als sie es schon sind“, soll der „New Yorker“-Boss intern einmal gesagt haben. Das heißt: Kaum Kommunikation nach außen, Interviews gab er mal der „Textilwirtschaft“ oder der „Braunschweiger Zeitung“. Ansonsten hüllte sich Braunschweigs heimlicher Modezar in Schweigen. Und dennoch kannte ihn jeder. Hörte man sich um, so wusste mindestens eine Person aus dem privaten Umfeld eine Geschichte über Knapp zu erzählen.
Seine Vorliebe für Luxusautos war genauso bekannt wie die frühere Villa Rimpau, in der er lebte – dem ehemaligen „Adolf-Hitler-Haus“. Die Garage für seinen Fuhrpark soll mit edelstem italienischem Marmor ausgestattet sein, erzählte man sich. Einmal soll er bei Mercedes einen Wagen in Auftrag gegeben haben, um dann später zu bemerken, dass er dieses Auto schon besitzt. Ob das wirklich stimmt, kann niemand so wirklich sagen. Doch eines ist sicher: Durch sein Schweigen kreierte „Fritz“ Knapp einen Mythos um die eigene Person. In Braunschweig war er eine urbane Legende.
Soziales Engagement in Braunschweig
Friedrich Knapp sei ein herausragender Unternehmer gewesen, dessen Name untrennbar mit Braunschweig verbunden ist, schreibt OB Kornblum in einer offiziellen Mitteilung. Er hinterlasse nicht nur ein erfolgreiches Unternehmen, sondern auch eine bleibende Spur seines sozialen Engagements und seiner Liebe zu Braunschweig. Er unterstützte Katastrophenopfer großzügig, förderte mit seiner „New Yorker Stiftung. Friedrich Knapp“ sozial benachteiligte Kinder und ermöglichte erkrankten Beschäftigten Zugang zu teuren Spezialisten.
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Sein Engagement für Braunschweig war tiefgreifend: Das marode Bad Gliesmarode, ließ er mit Unterstützung seines Großneffen Peter Knapp und dessen Partnerin, der Architektin Natascha Heinrichs, für rund zehn Millionen Euro umfassend sanieren. Die Stadt verdankt ihm außerdem den Braunschweiger Fonds für Kinder und Jugendliche, der 2007 dank einer großzügigen Spende ins Leben gerufen wurde und bis heute existiert.
Friedrich Knapp war nicht unumstritten
Aber er war auch ein Alleinherrscher in seinem Unternehmen – und das ist die andere Seite der Medaille. Die „Hire and Fire“-Kultur bei New Yorker war längst über die Grenzen Braunschweigs bekannt, seine Person nicht unumstritten. Stand man in seiner Gunst, so war er großzügig und gönnerhaft. Ehe man es sich versah, konnte man aber auch genauso schnell seinen Job verlieren – auch als langjähriger Mitarbeiter. Geschichten dieser Art kursierten regelmäßig. Das Internet hielt er für Teufelszeug und so gibt es bis heute keinen Online-Shop. Was er nicht wollte, das wurde einfach nicht gemacht. „Das Unternehmen wird geführt wie eine Pommesbude“, sagte ein anonymer Mitarbeiter zum „Manager Magazin“.
Über Zahlen sprach Knapp dabei nicht gerne. Kein Wunder: 2019 erwirtschaftete New Yorker laut „Manager Magazin“ einen Überschuss von 232,9 Millionen Euro. Davon sollen 230,6 Millionen direkt aufs eigene Konto gewandert sein. Das Geld investierte er – auch in Braunschweig – wie zum Beispiel in mehrere Immobilien auf dem Bohlweg oder auch das Rizzi Haus im Magniviertel. Das Luxus-Steakhouse „Ox“ gehörte ihm genauso wie das „Jagdschloss Windenhütte“ im Harz. Immer mal wieder erwischte man ihn bei Geschäften im Graubereich: Seinen damaligen Privatjet ließ er aus Steuergründen auf den Kaimanninseln registrieren. Wegen des Verdachts auf Insiderhandel mit Aktien des mittlerweile insolventen Modehändlers Gerry Weber überweis er der Staatsanwaltschaft Braunschweig für die Einstellung der Ermittlungen zwei Millionen Euro. Er erfuhr offenbar schon vorher von den Problemen in dem Unternehmen und stieß die Papiere ab.
Zu große Fußstapfen
„Ich lebe für die Mode, da komme ich her. Das habe ich gelernt“, sagte er einst der „Braunschweiger Zeitung“. Er selbst war eher bekannt dafür, in legerer Klamotte unterwegs zu sein. „Ich bin ein einfacher Mensch“, pflegte er zu sagen. Doch er war auch ein Visionär: Friedrich Knapp war nicht nur ein Name in Braunschweig, der gelernte Herrenausstatter war „New Yorker“. Mehrfach hatte er versucht, sich aus dem Konzern zurückzuziehen – wenn es schlecht lief, kam er zurück. Große Fußstapfen, die er seinen Töchtern nicht zumuten wollte.
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„Jemand wie ihn kann womöglich niemand ersetzen“, schreibt das „Manager Magazin“ noch Ende Oktober, als er seinen Vize Dr. Florian Kall entließ und durch seinen langjährigen Vertrauten Jonas Gnauck ersetzte – als hätte er etwas geahnt. Im Unternehmen munkelte man schon lange, dass Gnauck als eine Art Ziehsohn den „Chef“ irgendwann ersetzen würde, sollte er einmal abdanken. Das ist jetzt geschehen, jedoch anders als gedacht. Mit dem frühen Tod von Friedrich Knapp hat Braunschweig dann doch nicht gerechnet.