Braunschweig glänzt gerne mit seinem historischen Charme: Fachwerkhäuser, kleine Cafés und ein fast schon gemütliches Flair. Doch dieses idyllische Bild bekommt Risse – zumindest, wenn man über die Weststadt spricht. Das Viertel hat in den letzten Jahren einen zweifelhaften Ruf bekommen: Vermüllung, Streit, Blaulicht.
Spätestens seit der YouTube-Doku „110 Weststadt“ erlangte sie traurige Berühmtheit. Kamerateams begleiteten Polizisten bei ihren Einsätzen – und die haben Eindruck hinterlassen: bei Zuschauern, wie auch bei Braunschweigern selbst. Aber ist es im Westen Braunschweigs wirklich gefährlicher als anderswo? News38 war vor Ort – und hat mit denen gesprochen, die es am besten wissen müssen: den Anwohnern!
Braunschweig: Wie gefährlich ist es wirklich?
Anhand von Statistiken lasse sich laut Polizei nicht sagen, dass es sich bei der Weststadt um ein Kriminalitätspflaster handle. Allerdings weise sie „bauliche Besonderheiten“ auf. „Beispielsweise stehen dort viele Hoch- und Mehrfamilienhäuser, was in größerer Anonymität in der Nachbarschaft mündet. Auch dürfte die Einwohnerzahl auf kleinem Raum höher sein als zum Beispiel im Kanzlerfeld oder Timmerlah, wodurch auch eine höhere Straftatendichte zu verzeichnen sein dürfte“, erklärt ein Polizeisprecher.
Interessant: Einsätze wie Ruhestörungen oder Nachbarschaftsstreitigkeiten werden nicht in der Kriminalstatistik erfasst. Diese können laut Polizei das subjektive Empfinden beeinflussen. Wie lebt es sich also wirklich in der Weststadt?
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Anwohnerin packt aus – „Tun einem auch leid“
Eine Anwohnerin, seit 50 Jahren im Viertel, erzählt News38: „Abends konnte ich früher das Auto auflassen, heute nicht mehr“. Aber daran sei nicht nur die Weststadt schuld. Überall habe es sich verändert, meint sie. Eine andere Bewohnerin wohnt seit zwei Jahrzehnten hier. Ihre Kinder sind längst ausgezogen, der Ehemann verstorben. „Ich hatte am Anfang Angst“, sagt sie News38. Als Frau alleine in einer Großstadt – das sei ungewohnt. Abends würde sie das Haus nicht mehr verlassen, „aber das sollte man als Frau ja eh nicht“.

Angst machen ihr nämlich auch die vielen Blaulicht-Einsätze in der Weststadt. In einem benachbarten Hochhaus beispielsweise, sollen Unbekannte eine Matratze angezündet haben, erzählt die Anwohnerin weiter. Ihr Mitleid gelte vor allem den Einsatzkräften: „Die tun einem auch leid, was die alles mitmachen müssen…“
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Was sie aber am meisten auf die Palme bringen würde, sei die fehlende Nachbarschaftshilfe. Jeder sei auf sich selbst fokussiert. „Das ist echt Egoismus Hoch 3“, betont sie und ergänzt: „Früher war das anders.“ Und trotzdem: Wirklich gefährlich sei es in der Weststadt in Braunschweig nicht – das berichten auch andere Anwohner. Die Bus- und Bahnanbindung sei top, Märkte wie Rewe oder Netto zudem direkt ums Eck. Für viele Anwohner bietet die Weststadt offenbar eine optimale Wohnsituation – trotz des angerissenen Images.