Dieser Fall sorgt bundesweit für Entsetzen und Schlagzeilen: Eine Attacke mit Tritten an einer Bushaltestelle in Gifhorn beschäftigt aber nicht nur die Menschen, sondern auch die Ermittler.
Passiert ist das Ganze am Samstag (15. September) in Gifhorn. Die Verdächtigen: Mutmaßliche Neonazis, die offenbar vorher beim CSD in Wolfsburg kläglich daran gescheitert waren, ihren Hass zu streuen.
Gifhorn: Kopftritte nach CSD-Party
Die Polizei Gifhorn hatte von ihren Kollegen aus Wolfsburg von der rechten Gruppe gehört und wusste also, dass da etwas im Busch war – beziehungsweise jemand. Wortwörtlich. Denn nach dem bunten CSD in Wolfsburg waren laut Polizei rund 15 mutmaßliche Neonazis nach Gifhorn gefahren; da hielten sie sich zunächst in einem Waldgebiet beziehungsweise in einem Industriegebiet auf. Die Plattform „DokuRechts“ bezieht sich auf Anwohner und schreibt, dass die Rechten auch mit einer Fahne und entsprechenden Parolen durch die Stadt zogen.
Gegen 19.30 Uhr nahmen laut Polizei ein paar von den jungen Männern einen Bus. Hier soll es dann – wie es auf Polizeideutsch heißt – „zur wechselseitigen verbalen und schließlich körperlichen Auseinandersetzung“ gekommen sein. Offenbar hatten sich zwei Schwestern und die mutmaßlichen Neonazis gestritten.
„Solche Bilder sind nicht zu akzeptieren, weder in unserem Landkreis noch woanders. Meine Gedanken sind bei dem Opfer, dem es hoffentlich weitestgehend gut geht. Ich erwarte eine klare Aufarbeitung und Erkenntnis zur Motivation des Angriffs – insbesondere, wenn dieser politisch motiviert sein sollte.“
Kirsikka Lansmann, SPD-Landtagsabgeordnete
An einer Haltestelle an der Braunschweiger Straße in Gifhorn eskalierte die Szene dann, wie ein Video zeigt, das in den sozialen Netzwerken die Runde macht. Zu sehen darauf ist, wie eine Person aus dem Bus fällt. Die Täter treten dann brutal auf sie ein – auch, als sie am Boden liegt. Bei der angegriffenen Person im Video soll es sich um jemanden gehandelt haben, der vorher beim CSD gefeiert hatte. Wohl um eine der mutmaßlich beteiligten Frauen.
Immerhin konnte die Polizei die Attacke schnell beenden, da sie mit einem Streifenwagen hinter dem Bus fuhr. Im Video sieht man, wie die Beamten Tatverdächtige zu Boden bringen. Auch um das Opfer wird sich gekümmert. Die Frau soll körperlich „nur“ leicht verletzt worden sein.
Gifhorn: Polizei in der Kritik
Dennoch gibt es Kritik am Polizei-Verhalten „Es stellt sich die Frage, warum die Polizei die Neonazis nicht so eng begleitet hat, dass diese nicht auf andere Menschen einprügeln und eintreten können“, fragt DokuRechts bei Instagram. Auch Gifhorns Stadträtin Sandra Zecchino (Linke) ist fassungslos: „Es kann nicht sein, dass die Polizei eine Gruppe Nazis begleitet und es dennoch zu einem schweren gewalttätigen Übergriff kommt“, zitieren sie mehrere Medien.
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Am Montag ist immerhin klar: Die Polizei kennt das Video natürlich auch. Sie ermittelt gegen fünf Beschuldigte – vier Männer zwischen 17 und 24 Jahren sowie eine 38-jährige Frau. Den Bezug zu den Neonazis wollten die Ermittler noch nicht kommentieren. Dafür sei es noch zu früh, sagte ein Polizeisprecher.
„Ich bin zutiefst erschüttert“
Unterdessen kommen aber auch schon weitere Reaktionen: „Ich bin zutiefst erschüttert über den brutalen Übergriff auf eine Frau in Gifhorn durch eine Gruppe, mutmaßlich rechtsradikaler, Männer. Solche Gewaltakte sind immer inakzeptabel und haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Sollte sich ein rechtsextremes Motiv bewahrheiten, zeigt dies einmal mehr, wie wichtig der Zusammenhalt von allen Demokratinnen und Demokraten gegen Hass und Hetze ist“, sagte der Peiner.
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Auch Gifhorns SPD-Chef Philipp Raulfs äußerte sich: „Das Video ist wirklich abscheulich. Eine auf dem Boden liegende Person wird bewusst getreten – das ist keine Schlägerei, sondern ein gezielter Angriff. Ich erwarte, dass hier die Täterinnen oder Täter ermittelt und bestraft werden. Sollte dieser Angriff im Zusammenhang mit friedlichen Protesten anlässlich des CSD in Wolfsburg stehen, so ist es zugleich ein Angriff auf unser Grundgesetz und unsere Werte. Das können wir Demokratinnen und Demokraten schlichtweg nicht tolerieren oder bagatellisieren.“