Auf dem zentralen Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist es am Freitag (20. Dezember) kurz nach 19 Uhr zu einem Terror-Anschlag mit verheerenden Folgen gekommen.
Die Zahl der Opfer ist in den darauffolgenden Tagen gestiegen. Bei den insgesamt fünf Todesopfern handelt es sich um vier erwachsene Frauen und ein neunjähriges Kind – darüber hinaus gab es rund 200 Verletzte.
Der Weihnachtsmarkt wurde noch am Freitagabend umgehend geschlossen. Polizei und Rettungskräfte waren bis tief in die Nacht hinein im Großeinsatz. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 50-jährigen Mann aus Saudi-Arabien, ein islamistisches Motiv konnte früh ausgeschlossen werden.
Die Stadt hat kurz nach dem Anschlag Konsequenzen gezogen und als Zeichen der Trauer alle kulturellen Veranstaltungen bis Montag (23. Dezember) in Magdeburg abgesagt.
Anschlag auf Weihnachtsmarkt Magdeburg im Newsblog
Wir berichten über den Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt Magdeburg in einem Newsblog.
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Montag, 23. Dezember
9.51 Uhr: Terrorismusforscher: Amokfahrer war vermutlich psychisch krank
Aus Sicht des Terrorismusforschers Peter Neumann war der Amokfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt vermutlich psychisch krank. „Ich bin zwar kein Psychiater, aber aus meiner Sicht deutet vieles darauf hin. Er hatte Wahnvorstellungen und fühlte sich verfolgt“, sagte Neumann dem „Spiegel“ in einem am Montag online veröffentlichten Interview. Der Mann habe nicht verstanden, „warum ihm 2016 die Ausreise drohte, aber gleichzeitig die – seiner Meinung nach – falschen Flüchtlinge aus islamisch geprägten Ländern in Deutschland aufgenommen wurden“.
„Seinen Frust projizierte er auf die deutschen Behörden“, sagte Neumann, Professor für Security Studies am King’s College London. Am Freitagabend war ein 50 Jahre alter Arzt, der seit 2006 in Sachsen-Anhalt lebt und aus Saudi-Arabien stammt, mit einem Auto auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren. Fünf Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Der Mann war in den sozialen Netzwerken als aggressiver Islamkritiker und AfD-Sympathisant aufgefallen.
Neumann sagte dem „Spiegel“, die meisten Einzeltäter fielen wie auch der Attentäter von Magdeburg schon vor ihrem Anschlag öffentlich auf. „99 Prozent von ihnen werden ihre Drohungen aber wahrscheinlich nie in die Tat umsetzen“, sagte der Terrorismusforscher und fragte: „Wie also erkennen wir das eine Prozent, das tatsächlich gefährlich ist?“ Darauf habe noch niemand eine gute Antwort gefunden. „Ein Teil der Lösung ist möglicherweise Technologie. Ein weiterer Teil ist, dass die Sicherheitsbehörden die richtigen Leute einstellen, zum Beispiel mehr Psychologinnen und Psychologen“.
6.14 Uhr: Landkreistag muss einsehen: „Absoluten Schutz gibt es nicht“
Der Deutsche Landkreistag verweist nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg darauf, dass es auch mit erhöhter Polizeipräsenz und mehr Kontrollen keine Sicherheitsgarantie geben kann. „Es gibt überall eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften und auch in Magdeburg sind die Zugänge polizeilich kontrolliert und Taschen durchsucht worden.“, sagte Landkreistags-Präsident Achim Brötel (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es wird aber einen absoluten Schutz nicht geben können.“
Wegen der Gefahren durch Messerattacken seien die gesetzlichen Voraussetzungen bis hin zu generellen Verboten bereits deutlich verschärft worden, sagte er. Zudem seien Weihnachtsmärkte und ähnliche Veranstaltungen Orte der Begegnung und des Miteinanders. „Daher muss man bei aller abstrakten Gefahr auch mit Augenmaß vorgehen, damit sie es bleiben können.“
Am Freitagabend war ein – später festgenommener – Mann mit einem Auto auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast und riss fünf Menschen in den Tod. 200 weitere wurden verletzt.
Sonntag, 22. Dezember
18.42 Uhr: Baerbock kündigt Aufarbeitung an
Außenministerin Annalena Baerbock kündigt nach dem Anschlag von Magdeburg eine Aufarbeitung in den kommenden Tagen an. „Da sind die Sicherheitsbehörden dran“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur auf dem Weihnachtsmarkt in Kleinmachnow.
Nach der Todesfahrt rückt die Frage in den Blick, ob die Gewalttat hätte verhindert werden können. Mehrere Behörden hatten in der Vergangenheit Hinweise auf den Täter Taleb A. erhalten. Zugleich betonte Baerbock, dass in den Tagen danach das Mitgefühl den Betroffenen und den Familien der Opfer gelte. Es müsse deutlich gemacht werden, Weihnachtsmärkte als „Orte des Zusammenhaltes, des Miteinanders einer Gesellschaft“ weiter zu erhalten. Insbesondere in dem Moment der Trauer gelte: „Wir sind zusammen, wir stehen zusammen, wir trauern zusammen mit den Magdeburgerinnen und Magdeburgern.“
16.53 Uhr: CDU schmeißt Ratsherrn nach geschmacklosem Tweet raus
Mindestens fünf Tote und mehr als 200 Menschen verletzt. Während Deutschland nach dem Anschlag in Magdeburg trauert, ließ sich ein CDU-Ratsherr aus Braunschweig zu geschmacklosen Tweets hinreißen. Seine Partei machte kurzen Prozess, wie du hier bei unseren Kollegen von News38 nachlesen kannst >>>
15.26 Uhr: „Eklatante handwerkliche Fehler der Behörden“
Neben Diskussionen um das Motiv von Taleb A. steht auch immer noch die Frage im Raum, ob Deutschland wirklich sicher vor derartigen Anschlägen ist. Laut Sicherheitsexperte Stefan Bisanz ist das nicht der Fall. „Wir sind kein Präventivvolk, sondern wir reagieren immer. Wir warten auf den Anschlag, wir warten auf die Toten, und daraus ziehen wir unsere Berechtigung, Maßnahmen zu treffen. Das halte ich für einen eklatanten Strukturfehler in der Sicherheitslandschaft Deutschlands“, erklärt der professionelle Personenschützer, der unter anderem im Rahmen der EM 2024 Sicherheitskonzepte für das Public Viewing erstellte.
Laut Bisanz ist vor allem der Personalmangel und die Unterbesetzung in nahezu allen Sicherheitsbereichen ein anhaltendes Problem hierzulande. Nach dem Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2016 habe es viele Ausschüsse gegeben, die „viel Geld gekostet“ haben. „Da hätten sie zehn Jahre lang jeden Weihnachtsmarkt in Deutschland schützen können.“
In Magdeburg habe aus Sicht des Experten „eklatante handwerkliche Fehler der Behörden“ gegeben, „das ist das kleine Einmaleins der Absicherung einer solchen Veranstaltung“. Auch, wenn es keine 100 prozentige Sicherheit gebe – „aber das, was ich machen kann, muss ich absichern, und das ist hier nicht getan worden, das steht fest.“
12.40 Uhr: Details über Täter kommen ans Licht
Immer mehr Details über das Privatleben des mutmaßlichen Täters Taleb A. kommen jetzt ans Licht. So stand der Arzt in den letzten Jahren immer wieder mit dem Zentralrat der Ex-Muslime in Konflikt, soll den Rat und die daran angeschlossene Säkulare Flüchtlingshilfe „seit Jahren terrorisiert“ haben. Hauptgrund der Kritik war die Haltung des Rates, wonach man zum Beispiel „nicht gegen liberale Muslime, sondern für sie, da sie besonders oft zu Opfern des Islamismus werden“ kämpfe. Das habe den 50-jährigen mutmaßlichen Attentäter aufgeregt, „weil er mit seinem Hass auf alles Muslimische bei uns nicht ankam“, so die Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, Mina Ahadi. Er hasse demnach nicht nur, „sondern alle, die seinen Hass nicht teilen“.
Gegen die anhaltenden öffentlichen Verleumdungen gingen einzelne Aktivisten der Organisationen juristisch vor, im August 2023 wurde es A. per Gerichtsurteil untersagt, diese Vorwürfe weiter zu verbreiten. Als sich in der Berufungsverhandlung Ende Oktober 2024 eine Niederlage für ihn abzeichnete, hielt er eine Wutrede vor Gericht. Er sagte unter anderem, dass er Europa vor der Islamisierung retten werde, wozu die deutschen Gerichte nicht in der Lage seien. In einem Post auf X hatte der Saudi die Polizei zudem als „Treiber des Islamismus in Deutschland“ bezeichnet.
8.13 Uhr: Details zu den Opfern
Die Polizei Magdeburg veröffentlicht Details zu den Todesopfern. Demnach starben vier Frauen bei dem Anschlag, sie waren 45, 52, 67 und 75 Jahre alt. Sie stammten alle aus dem Großraum Magdeburg.
Auch ein neunjähriger Junge kam ums Leben. Die Geschichte von André aus dem Kreis Wolfenbüttel (Niedersachsen) wird seit Samstag in den Sozialen Medien verbreitet, unter anderem verfasste seine trauernde Mutter einen Facebook-Beitrag, schreibt: „André hatte keinem was getan…. er war doch erst neun Jahre bei uns auf der Erde.“ Wie Andrés Familie jetzt unterstützt werden soll, kannst du in diesem Artikel von News38.de lesen.
7.20 Uhr: Mutmaßlicher Täter in U-Haft
Wie in der Nacht von Samstag auf Sonntag bekannt wurde, muss der Tatverdächtige Taleb A. in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht hat wegen Mordes sowie mehrfachen versuchten Mordes Haftbefehl gegen den 50-Jährigen erlassen. Ermittler der Polizei Magdeburg hatten zuvor erklärt, dass es sich bei seinem Motiv um „Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudiarabischen Flüchtlingen“ in Deutschland handeln könnte.
(mit dpa/afp/epd)