Er ist einer der beliebtesten Comedians des Landes: Bastian Bielendorfer. Der gebürtige Gelsenkirchener hat sich in den vergangenen Jahren in die A-Liga der deutschen Komik gespielt. Nun folgt ein weiterer Meilenstein seiner Karriere: Bielendorfer spielt in der ehrwürdigen Dortmunder Westfalenhalle. Warum das immer auf seiner Bucket-List stand und warum er niemals im „Dschungelcamp“ landen würde, verrät er im Interview.
Du bist Gelsenkirchener, spielst aber am Heimspieltag des BVB in Dortmund. Liegen da die Gags schon auf der Straße?
Naja, ich habe ja sieben Jahre hinter feindlichen Linien in Dortmund gelebt (lacht). Ich fand es eigentlich sehr schön da. Ich muss auch sagen, dass ich nicht so viel mit Fußball am Hut habe. Aber an dem Tag ist wirklich ein Heimspiel des BVB?
Ja, Champions League gegen den FC Barcelona.
Oh, das ist ja fantastisch. Dann wird das ja relativ entspannt vor Ort (lacht). Das war mir bis jetzt gar nicht bewusst. Hoffentlich gehen nicht ein paar Leute rüber. Das wäre ärgerlich. Oder es kommen ein paar in der Halbzeit, wenn Borussia 3:0 hinten liegt.
Das hoffen wir mal nicht. Aber selbst wenn, wirkst du stets so, als könntest du schnell darauf reagieren. Wie spontan sind deine Shows?
Ich hoffe sehr. Ich rede an jedem Abend so 10 bis 15 Minuten mit den ersten Reihen. Das ist ganz lustig, weil die Leute nie glauben können, dass ich sie sehen kann. Die glauben immer, das sei Fernsehen und schauen mich dann panisch wie Rehe im Scheinwerferlicht an. Aber die meisten sind ganz froh, wenn sie mit mir gequatscht haben. Wenn ich jedoch merke, dass Leute keine Lust haben, und nur zuhören wollen, akzeptiere ich das natürlich auch.
Woran merkst du das?
Körperhaltung gemischt mit Antwort. Wenn jemand seinen eigenen Namen nicht mehr formulieren kann, sollte man ihn – wie sagt man so schön? – wie einen Champignon im Dunklen halten. Das ist aber auch vollkommen okay. Es ist aber immer wieder lustig, wenn Leute in der ersten Reihe sitzen und dann vollkommen schockiert sind, wenn der Künstler sie anspricht.
Also birgt deine Show auch stets ein gewisses Risiko fürs Publikum?
Ein bisschen, aber ein positives Risiko. Ich will niemanden vorführen, und am Ende mache ich mich eh über mich selbst lustig.
Ist das auch deine Grenze. Also, dass niemand vorgeführt wird?
Das muss immer die Grenze sein. Die Gleichung sollte bei mir enden. Und ich mache mich im Programm sehr ausgiebig über mich selbst lustig.
Was sind deine Angriffsflächen?
Ich bin eine nicht enden wollende Angriffsfläche. Ich habe es ins Halbfinale von ‚Let’s Dance‘ geschafft, obwohl ich allerhöchstens körperlich Stoffwechseln kann. Das Letzte auf der Welt, was ich kann, ist tanzen. Ich bin öffentlicher Redner, obwohl ich einen Sprachfehler habe, meinen eigenen Namen nicht aussprechen kann, ohne bis in Reihe 3 zu spucken. Ich bin ein bisschen verbaut, habe einen komischen Haarschnitt und vorstehende Zähne. Es gibt also relativ viele Angriffspunkte. Ich bin eine menschliche Teilnehmerurkunde.
Du hast „Let’s Dance“ angesprochen. Ebenfalls groß im RTL-Kosmos ist das Dschungelcamp. Wäre das was?
Da gibt es ja wohl kilometerweite Unterschiede (lacht). Ich würde es wohl moderieren, aber bevor ich jemals in den Dschungel fahre und anfange, Känguru-Hoden zu gurgeln, gehe ich lieber seriös arbeiten. Das muss wirklich nicht sein. ‚Dschungelcamp‘ und ‚Let’s Dance‘ sind echt weit auseinander.
Das Zuschauerinteresse ist ähnlich.
Das stimmt. Aber das ‚Dschungelcamp‘ hat eher etwas von einer Aufbewahrungsstation für Leute mit Geldproblemen.
++ Bastian Bielendorfer über „Bratwurst und Baklava“ bei ProSieben: Show ohne „Maulkorb“ ++
Aber die Moderation wäre was?
Ja, wenn Jan Köppen anruft und sagt: ‚Ich habe Durchfall‘, bin ich sofort da. Lustig finde ich die Show schon. Ich habe Sozialpsychologie studiert und da haben wir das ‚Dschungelcamp‘ ein paar Mal geschaut. Die Gruppendynamik, die da entsteht, wenn Sarah Knappik von der ganzen Gruppe gelyncht wird, weil sie den Reis allein aufgegessen hat, ist schon spannend. Aber jemals dort teilnehmen, kann ich auf Lebenszeit ausschließen.
Du bist auch immer mal wieder, das thematisierst du auch, Opfer von Shitstorms. Wie gehst du damit um?
Das ist Berufsrisiko. Ich hatte zum Glück noch nicht den ganz schlimmen Shitstorm wie andere Kollegen. Aber natürlich musst du immer mit Dissens rechnen. Die Leute können aus allem etwas machen. Jemanden zu beleidigen, der beleidigt werden möchte, ist sehr einfach. Insofern muss man damit leben, dass sich Einzelne oder kleine Gruppen angegriffen fühlen.
Was meinst du mit ‚beleidigt werden möchte‘?
Sagen wir es so, ich habe schon die absurdesten Vorwürfe bekommen. Ein Beispiel: In der ersten Reihe saß einmal ein Ryan. Über den Namen habe ich mich charmant lustig gemacht. ‚Weißt du, wo ich wohne? In Köln am Ryan.‘ Das ist der harmloseste Gag aller Zeiten. Dennoch schrieb jemand bei Instagram, dass das Name-Shaming und Mobbing sei. Der Betroffene jedoch fühlte sich nicht gemobbt, der hat gelacht und alles war völlig entspannt. Manchmal nehmen auch andere die Position von jemandem ein, von dem sie denken, er könnte beleidigt worden sein. Es passiert äußerst selten, dass sich Leute von mir persönlich gekränkt fühlen. Und das möchte ich auch nicht.
Sind wir zu zart besaitet?
Ja, die Deutschen haben schon ein strenges Humor-Empfinden. Was auf englischen oder amerikanischen Bühnen formuliert wird, wäre in Deutschland nicht möglich. Das ist ein bisschen schade. Man muss sich hier in etwas engeren Grenzen bewegen, bezogen auf das, was man sagen kann.
Dein Kollege Michael Mittermeier ist auch in den USA als Stand-Up-Comedian erfolgreich. Wäre das auch etwas für dich?
Ich habe Michael immer bewundert. Aber ich weiß nicht, ob ich das könnte. Die Sprachbarriere ist schon groß. Wenn ich mal in New York bin, würde ich es einen Abend probieren, aber natürlich besteht als Deutscher auch immer die Gefahr, dass man als Kuriosum auftritt. Dass die Leute einen nur lustig finden, weil man Deutscher ist. Weil unsere Aussprache, unsere Formulierungen, die Härte unserer Sprache etwas ist, über das man sich im Ausland amüsiert.
Das steht also nicht auf deiner Bucket-List?
Nein, aber ich habe auch viele Bucket-List-Punkte schon abgearbeitet. Ich wollte immer mal bei ‚Promi-Wer-wird-Millionär?‘ auftreten. Damit war ich der Erste, der je als normaler und als Promi-Kandidat dabei war. Ich wollte immer mal in der Westfalenhalle spielen, das passiert jetzt. So viele Punkte gibt es dann gar nicht mehr. Und die behalte ich für mich. Die muss ich keinem erzählen.
Warum gerade die Westfalenhalle?
Ich habe lange in der Nähe gelebt. In Dortmund ist meine Karriere gestartet. Mein erster Auftritt war vor 30 Leuten zusammen mit Torsten Sträter im Subrosa in der Nordstadt. Auch meine allererste Lesung war in Dortmund. In der Thalia-Buchhandlung auf dem Westenhellweg vor vielleicht 40 Leuten, von denen ich locker 20 kannte. Dass meine Karriere mich jetzt dahin zurückgeführt hat, ist einfach schön. Und ein Zeichen dafür, dass ich zumindest manche Sachen richtig gemacht habe.
Und wenn der BVB gewinnt, stehst du am Ende im BVB-Trikot auf der Bühne?
(lacht) Ich bin schon gespannt, wie viele Leute mit ihren Telefonen im Publikum sitzen, um alle drei Minuten zu überprüfen, wie es steht. Aber wenn sie gegen Barcelona gewinnen würden, würde es mich natürlich sehr freuen.