Sie stand für das „Große Promi-Backen“ vor der Kamera, ist regelmäßiger Gast in TV-Shows wie „Genial daneben“ oder „Mario Barth deckt auf“ – Comedienne Nicole Jäger.
In ihrem neuen Buch „Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein“ schreibt die 42-jährige Hamburgerin über den langen Weg zum Glücklichsein. Wir haben mit Nicole Jäger über ihr neues Buch, das Glück und böse Blicke gesprochen.
Was bedeutet für Sie Glück?
Ich glaube, es ist das Wissen, dass man Dinge schon hinbekommt. Oder anders gesagt: Dass ich Dinge schon hinbekomme. Ich muss dafür alles sein, aber definitiv nicht okay, siegessicher oder angstfrei. Ich glaube aber auch, dass Glück nicht das ist, was wir uns häufig vorstellen. Diese High-Peak glücklichen Momente. Glück ist Zufriedenheit gepaart mit dem Wissen, dass man es irgendwie schafft.
Ist das eine Definition, die schon immer die Ihre war, oder hat sich dieser Gedanke entwickelt?
Die ist tatsächlich gewachsen. Deswegen habe ich das Buch auch „Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein“ genannt. Einfach, weil ich immer der Meinung war, dass ausgerechnet ich auf keinen Fall dieses Recht habe. Wenn man nicht so gut reinpasst, wenn man – wie ich – nicht der Normschönheit entspricht, wenn einem Menschen immer sagen, du musst etwas verändern, wird das irgendwann zu einem internalisierten „Wenn ich erst einmal…, dann…“-Gedanken. Also wenn ich erst einmal schlank bin, wenn ich erfolgreicher bin, dann kommt irgendwann der Moment, an dem man glücklich sein darf. Aber das ist eine große Fehlannahme.
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Sie haben den Begriff „Normschönheit“ angesprochen. Was ist für Sie schön?
Was normschön ist, und was für mich schön ist, sind zwei ganz verschiedene Dinge. Ich glaube an die Schönheit von Menschen im Allgemeinen. Das hat aber wenig mit der Optik zu tun. Natürlich bin ich nicht blind, und natürlich habe ich meine Vorlieben. Aber das ist nur dann der Fall, wenn es um Partnerwahl geht. Und auch dann ist die Optik sehr zweitrangig. Ich glaube, wenn wir einmal festgestellt haben, dass die Menschen, von denen wir denken, dass sie absolut unser Typ sind, und die, in die wir uns dann tatsächlich verlieben, selten dieselbe Person sind, stellt man fest, wie absolut uninteressant das ist.
Nicole Jäger tourt derzeit mit ihrem „Walküre“-Programm:
- 29.03.25, Gelsenkirchen, Kaue (Restkarten)
- 30.11.25, Dortmund FZW
Sie haben einst gesagt, dass Sie ob Ihres Körpers immer wieder Bewertungen ausgesetzt sind, öffentlich bewertet werden. Macht das noch etwas mit Ihnen, oder haben Sie mittlerweile das Selbstbewusstsein, darüberzustehen?
Ja, aber ich habe dieses Selbstbewusstsein nicht immer besessen. Und mein Akt, auf die Bühne zu gehen, hat wenig damit zu tun, dass ich denke, ich muss mich jetzt zeigen. Es ist vielmehr die Co-Existenz der Kunst, die ich mache. Könnte ich das, was ich kreiere, ohne Öffentlichkeit kreieren, wäre ich sofort dabei. Was mich aber sehr geändert hat, ist, dass ich die Reaktionen der Menschen nur noch sehr selten persönlich nehme. Der einzige Mensch auf diesem Planeten, der ein Problem mit meinem Körper haben könnte oder darf, bin ich. Allen anderen kann es egal sein. Die können es dann mit sich ausmachen.
Aber sobald man mich spüren lässt, oder wissen lässt, dass man nur aufgrund meiner Erscheinung ein Problem mit mir hat, und sich dann dazu herablässt, mir das in negativer Weise mitzuteilen, sagt das viel über den anderen Menschen aus, aber nichts über mich.
Erwischen Sie sich denn selbst manchmal dabei, Menschen ob ihrer Optik zu bewerten?
Wir bewerten immer. Wir haben auch alle Vorurteile. Wir wurden sozialisiert, Unterschiede zu sehen, uns abzugrenzen. Das ist nicht der Punkt. Jeder darf Vorurteile haben, aber die Frage ist, was mache ich daraus? Und lasse ich das mein Gegenüber wissen? Ich bin nicht blind, und natürlich sehe ich Attraktivität und ich sehe auch Optiken, die ich nicht mag. Zu behaupten, das sei nicht so, fände ich komisch, aber tatsächlich entscheide ich nicht aufgrund des Aussehens einer Person, ob ich sie kennenlernen möchte, oder nicht. Man verpasst sehr viel Schönes und tolle Kontakte, wenn man den ersten Eindruck gewinnen lässt.
Sie haben gerade gesagt, dass Sie ihren Job auch ohne die Öffentlichkeit ausführen würden. Dies sogar bevorzugen würden. Können Sie Menschen wie Cro, Atze Schröder oder auch Mickie Krause verstehen, die sich eine Kunstfigur erschaffen?
Total, ich kann das extrem gut nachvollziehen, dass Menschen diese Öffentlichkeit nicht wollen. Sie müssen sich der Bewertung nicht stellen. Schließlich bewertet man bei einem Menschen, den man nicht erkennt, nur die Kunst. Ich kann mich nicht verstecken. Von daher: Im nächsten Leben mache ich das auch (lacht).

Im nächsten Leben dann einfach die Mickie-Krause-Perücke.
(lacht) Oh ja, dann erkennen Sie mich überhaupt nicht mehr. Wenn ich plötzlich einen Minipli trage, bin ich unsichtbar.
Vergessen Sie die Brille nicht.
Genau (lacht).
Sie haben sehr viel abgenommen, leiden aber dennoch an einer körperdysmorphen Störung, konnten also die Veränderung ihres Körpers nicht realistisch wahrnehmen. Ist das etwas, das Sie verändern können, oder müssen Sie damit leben?
Es ist eine Mischung aus beidem. Wenn man mit Störungen herumläuft, kann man an diesen natürlich arbeiten, aber sie sind auch Teil von einem. Was hilft, ist, zu wissen, dass es so ist. Zu wissen, dass ich in den Spiegel gucke und selbst bei zwanzig Kilo weniger, keinen Unterschied sehe. Es gibt aber andere Mechanismen, das zu messen. Ich brauche dann Fotos, oder Menschen, die mir das sagen. Es ist ein Weg, ich befinde mich ja nach wie vor im Wandel. Es ist eine Herausforderung. Und es ist ja nicht plötzlich alles gut, nur weil man Kilos verliert. Das wäre eine steile These.
Wo wollen Sie denn hin?
Ich möchte, dass mein Leben sich nach Leben anfühlt. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich mir Leben schulde. Nicht mehr Jahre, sondern mehr Leben in meinem Leben. Ich meine damit auch nicht Action. Ich will Dinge, die ich versuche zu verbessern, auch wirklich verbessern. Sei es mein eigenes Körperbild, sei es dieses ewige gegen Ängste ankämpfen. Ich habe wahnsinnigen Lebenshunger, wahnsinnig viel Lust auf Leben. Und ich habe das Gefühl, da geht noch etwas.