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Merz unter Druck: Beerdigt Klingbeil hier auch seine Migrationswende?

Beim Sondervermögen für die Infrastruktur konnte sich die SPD durchsetzen. Nun muss Merz für seine CDU-Basis liefern bei Asyl und Migration.

© IMAGO / dts Nachrichtenagentur, IMAGO / HMB-Media (Fotomontage)

Hat Merz seine Wähler "verarscht"?

Friedrich Merz wird der neue Bundeskanzler. Doch schon jetzt zeigen sich viele seiner Wähler enttäuscht.

Beim Thema Schuldenbremse und Sondervermögen ist Friedrich Merz schon eingeknickt. Entgegen seiner Wahlversprechen setzt er nun als Kanzler nun doch auf eine massive Neuverschuldung, um Infrastruktur und Bundeswehr auf Vordermann zu bringen. Steht nun auch sein großes Versprechen einer Migrationswende auf der Kippe?

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SPD-Chef Lars Klingbeil macht am Mittwoch (5. März) bei Sandra Maischberger klar, was seine Partei nicht mitmachen werde. Damit gerät Merz weiter unter Druck.

Klingbeil zieht rote Linie bei Asyl-Wende: „Das werden wir als SPD nicht mitmachen“

Vor der Wahl hatte Merz eine Wende in der Asyl- und Migrationspolitik zugesagt. Unter anderem sagte er: „Ich werde im Fall meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen.“

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Wenn wirklich alle illegalen Einreiseversuche unterbunden werden sollen, geht das eigentlich nur mit kompletten und lückenlosen Grenzkontrollen. Wird es also Grenzschließungen geben wie vor dem Schengen-Abkommen der EU? Zu Gast im ARD-Talk von Maischberger zieht Klingbeil da eine rote Linie in den Sondierungsgesprächen mit der Union. Über das Thema Migration werde in den nächsten Tagen erst gesprochen, doch der Sozialdemokrat macht schon deutlich, was nicht gehen wird.

„Ich kann ihnen sehr klar sagen, die SPD wird keine faktischen Grenzschließungen mitmachen. Das können wir national nicht umsetzen und vor allem ist es europäisch unvernünftig. In einer Zeit wo die Antwort auf Donald Trump ein starkes Europa sein muss, kann es doch nicht sein, dass das größte und stärkste Land in Europa vorangeht und die Grenzen zumacht. Das werden wir als SPD nicht mitmachen.“

Lars Klingbeil bei Maischberger (ARD)

Und nun? Vermutlich liegt die Lösung in semantischen Feinheiten. Unmittelbar nach der Bundestagswahl hatte auch Friedrich Merz betont, er wolle keine dichten Grenzen. Er sagte auf einer Pressekonferenz: „Niemand von uns spricht über Grenzschließungen. Niemand. Obwohl das im Wahlkampf streckenweise behauptet worden ist. Niemand von uns will die Grenzen schließen.“

Eigentlich hat Merz nie über „Grenzschließungen“ gesprochen

Daraufhin hatte ihn AfD-Chefin Alice Weidel Wählertäuschung vorgeworfen. Er werfe „alle Wahlversprechen über Bord“, so Weidel. Doch eigentlich hat Merz im Wahlkampf nie klar über Grenzschließungen gesprochen, sehr wohl aber von Zurückweisungen, dauerhaften Grenzkontrollen und einem „faktisches Einreiseverbot“ für alle, die keine gültigen Einreisedokumente haben.

Gegenüber DW interpretiert der Europarechtler Prof. Dr. Daniel Thym diese Forderungen so: „Ich persönlich verstehe unter einer ‚Grenzschließung‘ ein nahezu umfassendes Reiseverbot, wie es etwa während der Corona-Pandemie gab. Das hatte Friedrich Merz so nie versprochen. Es ging ’nur‘ um die dauerhafte Verlängerung der Grenzkontrollen, die es an den meisten deutschen Grenzen seit nunmehr einem Jahr gibt, ohne dass diese Grenzen ‚geschlossen‘ sind.“

Diese Kontrollen der Binnengrenzen wurden von Innenministerin Nancy Faeser als vorübergehende Maßnahme angeordnet und gelten aktuell bis zum 15. September 2025.


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Tatsächlich scheinen diese Grenzkontrollen auch schon eine Wirkung erzielt zu haben. Im Jahr 2024 gab es laut der europäische Asylagentur EUAA rund 237.000 Aslyanträge in Deutschland – das waren 29 Prozent weniger als 2023.