Es ist ein Bericht, der Arbeitnehmern aus Deutschland das Blut in den Adern gefrieren lassen dürfte. Von Menschenrechtsverletzungen ist die Rede, gar von Menschenhandel. Alles bei einem Zulieferer, zu dessen wichtigsten Kunden ausgerechnet VW zählt.
Betroffen ist ein Werk, das nicht zum ersten Mal negative Schlagzeilen schreibt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich zwischenzeitlich aber geändert – und VW müsste, sofern der Bericht zutrifft, eigentlich reagieren. Im schlimmsten Fall drohen saftige Strafzahlungen.
VW: Verletzt ein Zulieferer Menschenrechte?
„Linlong“ ist ein Reifenproduzent aus China und betreibt seit 2019 ein Werk auf europäischen Boden in Serbien. Schon beim Bau soll es damals nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Der chinesische Reifenhersteller soll mit dem Bau begonnen haben, ohne jemals eine Genehmigung erhalten zu haben, heißt es. Im gleichen Zug soll das Unternehmen auch Millionen von Euro aus der serbischen Staatskasse für den Bau abkassiert haben.
Das war aber nicht alles, was Investigativ-Journalisten auf den Plan rief, wie der „Tagesspiegel“ am Montag (21. Oktober) berichtet. Die Journalistin Ivana Gordić Perc hat sich demnach damals Zugang zum Gelände verschafft und berichtete vor Ort von katastrophalen Verhältnissen für die Arbeiter.
„Sie schliefen wie Tiere“
„Die Menschen hatten keine richtigen Betten, sie schliefen wie Tiere, es gab kaum Beleuchtung, keine Duschen, alles mussten sie in wenigen Spülbecken waschen“, wird sie vom „Tagesspiegel“ zitiert. „Selten hatten sie Strom, kein Warmwasser – die Zustände für die Arbeiter waren absoluter Horror.“
Zu diesem Zeitpunkt sollen auf dem Gelände etwa 750 Menschen aus Vietnam gehaust haben. Nur ein Bruchteil davon – etwa 300 – soll eine Arbeitserlaubnis besessen haben. Sie sollen unter falschen Vorwänden von einer Agentur nach Serbien gebracht worden sein. Dort sollen ihnen dann die Pässe abgenommen und der Kontakt zur Agentur abgebrochen worden sein. Sie steckten daraufhin faktisch fest.
VW: Drohen Bußgelder?
2021 folgte dann der große Aufschrei und mehrere Medienberichte über die Zustände auf der Fabrik. Daran schloss sich dann eine Crowdfunding-Aktion an, um den Arbeitern den Rückflug in ihre Heimat zu ermöglichen. Das Problem: Die Vietnamesen sind zwar wieder zu Hause, sie sollen auf dem Fabrikgelände aber lediglich durch neue Beschäftigte aus Indien, der Türkei, aus Morokko und China ersetzt worden sein. An den Arbeitsbedingungen soll sich indes wenig geändert haben, berichtet der „Tagesspiegel“ weiter.
Sollten die Vorwürfe zutreffen, müsste VW reagieren. Laut dem sogenannten Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzt, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, stehen Unternehmen bei der Einhaltung von Menschenrechten bei ihren Lieferanten nämlich in der Verantwortung. Sollte dem nicht nachgegangen werden, drohen Bußgelder in Millionenhöhe.
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VW konnte sich auf kurzfristige News38-Anfrage noch nicht zu den mutmaßlichen Zuständen bei Linlong äußern. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ erklärte der Konzern, dass „in diesem Zusammenhang bestimmte Sachverhalte unter anderem Gegenstand behördlicher Untersuchungen sind“.