Die Krise bei Volkswagen sorgt im VW-Land Niedersachsen für ein echtes Beben. Gesellschaftlich, aber auch politisch. Denn längst hat die schwierige Situation in Wolfsburg auch den Landtag in Hannover erreicht.
So macht etwa die CDU in der Causa VW mächtig Druck auf die rot-grüne Landesregierung. Aber auch andere äußern sich.
VW: Opposition on fire
Niedersachsens Oppositionsführer Sebastian Lechner hat die Landesregierung aufgefordert, bei VW Werksschließungen in Niedersachsen zu verhindern. „Die Lage des VW-Konzerns ist erschütternd“, sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. „Ministerpräsident Weil und die Landesregierung sind jetzt mehr denn je gefordert, alles dafür zu tun, dass Werksschließungen in Niedersachsen verhindert und so viele Arbeitsplätze wie möglich bei Volkswagen in Niedersachsen gerettet werden.“
Das Land ist mit 20 Prozent der Stimmrechte an VW beteiligt, Stephan Weil (SPD) und Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzen bei VW im Aufsichtsrat. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte berichtet, der Konzern wolle in Deutschland mindestens drei seiner zehn Werke schließen und Zehntausende Arbeitsplätze abbauen. Sechs VW-Standorte liegen in Niedersachsen, darunter das Stammwerk in Wolfsburg mit mehr als 60.000 Mitarbeitern.
VW-„Giftliste“: Grüne reagieren prompt
Auch die in Niedersachsen mitregierenden Grünen sprachen sich in einer ersten Reaktion gegen Werksschließungen aus. „Ziel der Verhandlungen zwischen VW-Konzernleitung, Betriebsrat und Gewerkschaften müssen Vereinbarungen sein, durch die Schließungen ganzer Werke verhindert werden können“, sagte die Fraktionsvorsitzende im Landtag, Anne Kura, laut Mitteilung. „Die VW-Führung steht in der Verantwortung für Zehntausende Beschäftigte in Niedersachsen.“ Die Belegschaft brauche nun schnell Gewissheit. „Die Verunsicherung schadet dem gesamten Unternehmen.“
VW-Tacheles von Pantazis
Braunschweigs SPD-Bundestagsabgeordneter Christos Pantazis kritisierte die aktuellen Entscheidungen bei VW scharf: „Die Folgen von Management-Fehlern sollen nun auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden – das ist inakzeptabel! Die Entwicklung hin zur Elektromobilität wurde verschlafen, und es mangelte an einer strategisch klaren Linie“, sagte Pantazis laut Mitteilung.
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Die VW-Belegschaft habe seit Jahren maßgeblich zum Erfolg und zur Innovationskraft des Unternehmens beigetragen. Sie sei der Motor des Konzerns. „Das Vorgehen der Führung zeigt wenig Respekt gegenüber den Beschäftigten und vermittelt ein Bild von Orientierungslosigkeit und Planlosigkeit.“
Wirtschaftsminister teilt aus
Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies meldet sich zu Wort! Sein Appell an VW ist heftig: „Mit jedem Standort gingen Kapazität und vor allem aber Know-how verloren – und das unwiederbringlich“, so der SPD-Politiker in einer Mitteilung. „Es bleibt bei unserer Erwartungshaltung: Erhalt aller Standorte und die Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen.“
Lies schätzt die Lage bei VW und in der gesamten Autoindustrie als „extrem herausfordernd“ ein. Sowohl die Krise als auch die öffentliche Debatte darüber löse bei den Mitarbeitern Verunsicherung aus. „Das trifft damit jetzt diejenigen, die am wenigsten für die aktuelle Lage können. Management und Betriebsrat müssen sich jetzt sehr rasch zusammensetzen und gemeinsam Lösungen erarbeiten“, fordert der Niedersächsische Wirtschaftsminister.
Die Linken mit krasser Forderung
Die Position der Niedersächsischen Linken ist klar: Sie fordern die Landesregierung auf, ihre Sperrminorität zu nutzen! „Als Linke fordern wir eine konsequente Abkehr von diesem Kahlschlag. Der Vorstand muss endlich Verantwortung übernehmen und eine zukunftsfähige Strategie für den Automobilstandort Niedersachsen entwickeln, die nicht nur kurzfristige Einsparungen, sondern eine langfristige Sicherung der Arbeitsplätze und eine nachhaltige Transformation anstrebt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Partei an Montagabend.
Die Partei lässt nichts anbrennen: „Als Linke fordern wir eine konsequente Abkehr von diesem Kahlschlag. Der Vorstand muss endlich Verantwortung übernehmen und eine zukunftsfähige Strategie für den Automobilstandort Niedersachsen entwickeln, die nicht nur kurzfristige Einsparungen, sondern eine langfristige Sicherung der Arbeitsplätze und eine nachhaltige Transformation anstrebt.“ Dazu müsse der Vorstand die Arbeitnehmer, die Betriebsräte und die Gewerkschaften aktiv in die Entscheidungsprozesse einbinden.
Doch auch die Politik könne nicht länger wegschauen! Die Linke fordert von der Landesregierung, VW in die Pflicht zu nehmen. „. Wir fordern die Landesregierung auf, mit der Sperrminorität des Landes bei Volkswagen einen Kahlschlag zu verhindern. Es gilt, gemeinsam mit den Verantwortlichen bei VW an einer Lösung zu arbeiten, die Arbeitsplätze, Umwelt und soziale Verantwortung miteinander verbindet“, heißt es weiter in der Pressemitteilung der Partei.
Oberbürgermeister zeigen sich solidarisch
Allein in Niedersachsen hat VW sechs Werke errichtet. Der Autobauer zählt damit zu den größten Arbeitgebern der Region. Kein Wunder also, dass die Stimmung im Bundesland zum Zerreißen gespannt ist. Auch die Oberbürgermeister der VW-Standorte zeigen sich den Mitarbeitern gegenüber solidarisch. Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos) teilte mit: „Wir Hauptverwaltungsbeamten der VW-Standorte tun gut daran, uns nicht auseinanderdividieren zu lassen und gemeinsam hinter allen deutschen VW-Standorten zu stehen.“ Er findet, die Mitarbeiter würden schnellstmöglich Klarheit verdienen.
Auch Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) meldet sich zu Wort. Gemeinsam mit den anderen OBs der VW-Standorte habe sie erst vergangene Woche „ein gutes Gespräch“ mit Firmen-Vertretern geführt. „Auch der Ministerpräsident hat in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass Werksschließungen in Niedersachsen nicht zur Debatte stehen. Ich schätze Stephan Weils Engagement für VW und habe keinen Grund, an seinem Wort zu zweifeln“, so die Rathaus-Chefin. Sie betont, dass die Belegschaft in Osnabrück zu keinem Zeitpunkt Teil des Problems von Volkswagen gewesen sei. (mit dpa)