VW hat sich kurz vor Weihnachten mit der IG Metall auf ein milliardenschweres Sparprogramm geeinigt. Ein Kompromiss, der nach langen Verhandlungen als großer Schritt verkauft wird. Doch unter der glänzenden Oberfläche des Abkommens brodelt es.
Schon jetzt wird klar: Der eigentliche Konflikt ist damit längst nicht beigelegt. Autoprofessorin Helena Wisbert warnt vor den Konsequenzen – und prognostiziert, dass sich alle Beteiligten schneller als gedacht erneut an den Verhandlungstisch setzen werden.
VW: Ein Kompromiss unter Druck
Die Tarifverhandlungen bei Volkswagen haben kurz vor Weihnachten einen vorläufigen Abschluss gefunden. Ziel des Sparprogramms und des Abbaus von 35.000 Stellen: Ein zukunftsfähiger Konzern. Doch Autoprofessorin Helena Wisbert sieht darin lediglich einen kurzfristigen Kompromiss. Im Interview mit dem Spiegel warnt sie vor den anhaltenden strukturellen Problemen und rechnet schon 2025 mit neuen Verhandlungen.
„Echte Einigkeit ist nicht entstanden (…)“, so Wisbert im Spiegel-Interview. Der vorweihnachtliche Abschluss sei vor allem psychologisch motiviert gewesen, um die Verunsicherung der Belegschaft zu mindern. Doch das Ergebnis sei ein „teuer erkaufter Frieden von kurzer Dauer“.
Strukturelle Probleme bleiben ungelöst
Für Wisbert ist das beschlossene Sparprogramm nicht mehr als eine „Schönheitskorrektur“. Der Kostendruck im Konzern bleibt enorm. Besonders der Rückgang des Geschäfts in China und die weiterhin hohen Produktionskosten in Deutschland setzen VW unter Druck. Doch kann man trotz allem noch wettbewerbsfähige Autos produzieren? „In der gehobenen Mittel- und Oberklasse oder im SUV-Segment ja, aber bei Klein- und Kompaktwagen wird es immer schwieriger“, erklärt Wisbert. Das gelte besonders für Elektroautos, die zwar die Zukunft darstellen, aber im Klein- und Kompaktwagensegment bei den aktuellen deutschen Produktionskosten kaum wettbewerbsfähig sind.
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Die Expertin erwartet, dass der aktuelle Kompromiss spätestens 2025 auf den Prüfstand kommt. Sie erwartet ein erneutes Zusammentreffen, in der eine Einigung stattfinden solle. Eine Kernfrage werde dabei sein, ob die geplanten Maßnahmen ausreichen, um die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit von Volkswagen nachhaltig zu verbessern. Bereits jetzt zeige sich, dass der Konzern unter erheblichem Druck steht, seine Produktion und Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten. Ziel des angekündigten „Stresstestst“: Produktivität und Kosteneffizienz in den Werken genauer analysieren. Auch das Management wird stärker in die Pflicht genommen – eine Neuerung, die laut Wisbert längst überfällig war: „Die nun berichtete Kürzung von zehn Prozent dürften die Führungskräfte da schon spüren“.